Rezension von Prof.Dr.med. Gerhard A. Goebel (stellv. Vorsitzender Deutsche Tinnitus-Liga e.V.)
Hoher Leidensdruck durch Tinnitus
Tinnitus ist ein Volksleiden, das mit hohem
Leidensdruck einhergeht. Etwa zehn bis 20
Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind
von Tinnitus dauerhaft betroffen, knapp 25
Prozent stellen zumindest einmal im Leben
ein derartiges Ohrgeräusch fest.
Dieses jüngst erschienene Buch des kreativen
Psychologen und Psychotherapeuten Dipl.-
Psych. Markus Schwabbaur richtet sich an
Tinnitus-Betroffene und ist hoch originell und
überaus anregend. Die einzelnen Kapitel sind
chronologisch und klar strukturiert aufgebaut,
die Umsetzung des komplexen Themas
ist pädagogisch und didaktisch hervorragend
gelungen. Der Autor hat seine über die Jahre
gesammelten Therapiebausteine aus seinem
Schatzkästchen geholt, systematisch und
reichhaltig bebildert zusammengefasst und
zur Orientierung für den Leser innerhalb
des Teufelskreismodells von Kröner-Herwig
(1997) eingebettet.
Klare Leseempfehlung für Tinnitus-Betroffene
Um es vorweg zu sagen: Dies ist eine klare
Leseempfehlung des Buchs für Menschen,
die unter Tinnitus leiden, und für deren
Angehörige.
Auf der Höhe der evidenzbasierten Therapie
des chronischen Tinnitus und verhaltenstherapeutisch
ausgerichtet, führt uns der Autor
mit langjähriger Praxiserfahrung durch die
Kapitel „Mit Mythen aufräumen“, „Einflussfaktoren
Stress, Fokussierung, Bewertung
und Anspannung“, zur Einstimmung jeweils
mit einem Fallbeispiel eingeleitet. Um eine
individuelle Bearbeitung des Themas und
das Nachschlagen zu erleichtern, sind die
Hauptkapitel farbig unterlegt mit entsprechend
passenden Markern an der oberen
Buchkante.
Übungen und umfangreiche Tipps
Damit es nicht nur beim Lesen bleibt, wird
ein besonderes Bonbon geboten: Mittels
QR-Code und Link wird man zu Hörübungen
auf YouTube geleitet, die der Autor mit seiner
angenehmen Stimme selbst spricht.
Es folgen schließlich umfangreiche Tipps zu
Tinnitus und Schlafstörung einschließlich
Hilfen für die Begleiterscheinungen aus dem
HNO-Bereich (Schwerhörigkeit, Hörsturz und
Hyperakusis). Das Buch endet mit einem
Transfer auf den Alltag, einem Register
zum Nachschlagen sowie einem Verzeichnis
der Übungen und Quellennachweise
(AWMF-Leitlinie Chronischer Tinnitus; von
Ernst Behrendt über Nada Brahma bis Paul
Watzlawick).
Das vorliegende Buch liefert nicht nur Einblicke
in die vielen Möglichkeiten einer interdisziplinären
Verhaltenstherapie, sondern
ist auch ein Musterbeispiel für betroffenengerechte
Kommunikation und daher einfach und
spannend zu lesen. Es wird denjenigen Hilfe
bieten, die sich proaktiv mit ihrem Tinnitus-
Leiden auseinandersetzen möchten und über
den Tellerrand des medizinischen „Behandeltwerdens“
hinausschauen können.